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Dirk Heerklotz,
Dresden
Surreal real – Das Formuniversum von Dirk Heerklotz
Text von Stefanie Sembill
Surreal – die Arbeiten von Dirk Heerklotz wirken wie
Traumlandschaften. Gleich ob Collage, Skulptur, Rauminstallation
oder Malerei, die Arbeiten des Dresdners sind seltsam vertraut
und doch fremd. Beim Betrachten der Arbeiten scheint immer
wieder kurzzeitig das Bild eines bekannten Gegenstandes aufzublitzen,
nur um bei genauerem Hinsehen sogleich widerlegt zu werden.
Jegliche organisch anmutenden Formen und figurativen Andeutungen
werden von Heerklotz planmäßig unterlaufen.Er
bildet nicht ab, ahmt unsere Umwelt nicht nach, sondern setzt
mit seiner plastischen Arbeit ein ganz eigenes Formenrepertoire
in die Welt.
Heerklotz´ Werk gleicht einem Spiel von
Wiederholung und Differenz. Denn Heerklotz zitiert sich immer
wieder selbst, nimmt die Werkaufnahmen als Vorlage für
seine Papierarbeiten und baut das so entstandene zweidimensionale
Gebilde im Raum, und um ein mehrfaches vergrößert,
nach. Wenngleich seine Arbeiten größtenteils ihren
Ursprung in unserem Alltag haben – als Vorlage dienen
häufig Fotografien, die Heerklotz seit 1996 in einem
visuellen Tagebuch sammelt – sind sie rein selbstbezüglich.
Ein Zustand des Vorläufigen, ein Gefühl der Temporalität
zeichnet die Arbeiten von Dirk Heerklotz aus. Oft sind sie
ortsspezifisch in einem formalen Sinne – umschließen
den Betrachter, betonen Ausmaß und formale Qualitäten
des konkreten Ausstellungsraums. Farbe, Gestalt und Anordnung
seiner Arbeiten wählt der Künstler meist nach intensiven
Raum- und Objektstudien.
Die formale Integrität und
die Selbstbezüglichkeit seiner Skulpturen ist wesentlich
für die Arbeiten von Dirk Heerklotz. Während andere
Künstler bewusst das Prinzip der Autorenschaft ablehnen,
Formentscheidungen dem Zufall überlassen, sich mehr
als Initiatoren von Gruppenprozessen, denn als alleinige
Autoren begreifen oder ihre künstlerische Arbeit als
kulturelle Praxis verstehen, ist und bleibt Heerklotz ein
Bildhauer.
Gertrud Steins Eine Rose ist eine Rose ist eine
Rose, mit der sie programmatisch und gleichsam poetisch Anfang
des vergangenen Jahrhunderts der Autonomie der Kunst Ausdruck
verlieh, muss bei Heerklotz dennoch erweitert werden – eine
Rose ist ein Polyurethangebilde ist eine Fotografie ist eine
Collage ist eine Skulptur.
Neu bei Heerklotz´ Selbstreferentialität
ist das Aufscheinen der Gegenwart in den Arbeiten. Heerklotz
Arbeiten irritieren durch ihre organischen Anmutungen, wirken
unheimlich im Sinne Freuds, der in seinem gleichnamigen Text
die Ängste und Widersprüchlichkeiten der Moderne
beschrieb. Mit den Skulpturen von Dirk Heerklotz dringt nun,
nahezu 100 Jahre später, das Unbewusste unseres von
Gentechnik, Sicherheitstechnik und Kontrollmechanismen dominierten
Alltags, das Unheimliche der Gegenwart, in den „White
Cube“ und bemächtigt sich des Ausstellungsortes.
Indem die Arbeiten sich, trotz vielschichtiger Verweise,
vertrauter Materialien und vermeintlich alt bekannter Formen
einer rationalen Erklärung und Klassifizierung entziehen,
verharren diese in einer surrealen Welt. Es ist dieser Schwebezustand,
der die Arbeiten von Heerklotz einzigartig macht, da sie
sich auf nichts als sich selbst zu beziehen scheinen und
doch das gesamte Arsenal unserer Gegenwartserfahrungen, Ängste
und Sehnsüchte in sich bergen.
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